Die AfD probt die Rolle rückwärts bei der Wiedereinführung des Meisterzwangs. Gleich 53 Gewerke sollen wieder rückvermeistert werden
Der Geschäftsführer des IFHandwerk e. V., Michael Wörle zum Antrag der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag „Meisterpflicht wieder einführen – Handwerk stärken“ (Drucksache 19/4633), die am Donnerstag im Deutschen Bundestag beraten wird:
„Die AfD probt die Rolle rückwärts: Der 1935 wieder eingeführte Meisterzwang wurde 2004 von der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder gelockert. Seitdem hat sich die Zahl der Handwerksbetriebe um mehr als 150.000 erhöht – gut für den Verbraucher, schlecht für nicht gut aufgestellte Meisterbetriebe. Die neuen Anbieter braucht die Bauwirtschaft in Deutschland dringend. Eine ‚Rückvermeisterung‘ würde viele Betriebe vom Markt nehmen. Den Befürwortern der Rückvermeisterung geht es nicht um Qualität oder die Fürsorge für angeblich schlecht abgesicherte Solo-Selbstständige, sondern um eine von der Öffentlichkeit bisher nicht wahrgenommene interne Machtverschiebung in den Handwerkskammern selbst, die die Speerspitze des Meisterzwangs sind.“ Denn die Statistik zeigt: Die Alleinherrschaft klassischer Handwerksmeister wird durch diese Machtverschiebung gebrochen. So stellten sie noch in den 80er Jahren 90 Prozent aller Mitgliedsbetriebe der Kammer. Heute sind das nur rund 57 Prozent. Michael Wörle: „Die Kammern wollen um jeden Preis eine weitere Machtverschiebung verhindern. Ich verstehe allerdings nicht, wieso die Meisterzwangbefürworter die Debatte nun von der AfD anführen lassen.“
Der Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla schreibt auf der Homepage der AfD: „Endlich gibt es ein Thema, bei dem wir jetzt alle einer Meinung sind.“ Michael Wörle: „Nein, sind wir nicht. Für so viel ungewohnte Harmonie mit der AfD ist es viel zu früh.“
Zu den Fakten: Im Durchschnitt sind deutschlandweit die zulassungsfreien Betriebe (Anlage B1 und B2 der Handwerksrolle) von knapp 10% auf 43% der Mitgliedsbetriebe angewachsen. Damit stellt sich schon heute in vielen Kammern, besonders in den östlichen Bundesländern, die Machtfrage. Dort haben in einigen Kammern bereits die Betriebe ohne Zulassungspflicht die Mehrheit. Damit könnten Betriebe ohne Meisterbrief im Handwerkskammerparlament die nächste Kammerführung wählen. Das trifft den Kern der Machtstrukturen im Parlament der Handwerkskammern.
Über den IFHandwerk:
Der IFHandwerk e.V. ist ein Verband kritischer Handwerkerinnen und Handwerker, der sich für die Fortsetzung der bisherigen Liberalisierung des Handwerks- und Gewerberechts stark macht, um Existenzgründungen zu erleichtern und die Benachteiligung deutscher Handwerker im europäischen Binnenmarkt zu reduzieren. Er tritt für die Aufhebung des Meisterzwangs und eine freiwillige Mitgliedschaft in Handwerkskammern ein.