Nun liegen die ersten Erfahrungen vor, wie die Zuschüsse vergeben werden. Nachdem am letzten Sonntag sich Bund und Länder durch eine Verwaltungsvereinbarung auf eine einheitliche Vorgehensweise und Handhabung geeinigt haben, haben alle Länder angefangen, ihre Formulare für die Beantragung anzupassen. Beachten Sie: Hierdurch werden die Websiten der Länder angepasst. Nicht alle Länder sind schon up-to-date, nicht alle Seiten sind aktuell.
In Berlin sind beispielsweise bereits Gelder ausgezahlt worden. Dadurch kam es aber wegen des großen Ansturms zu einem zeitweiligen Vergabestopp bis 6.4. Niedersachsen dagegen hat seine Vergaberichtlinien gestoppt und zahlt jetzt nur noch die Bundesmittel aus. Schleswig-Holstein, das sich damit schwer tat, am Anfang überhaupt Anträge entgegen zu nehmen, hat nun eine Liste mit häufig gestellten Fragen und Musterantworten veröffentlicht. Das Land stockt die Bundesmittel auf. Hamburg ebenfalls.
Am Anfang war nicht klar, ob die Zuschüsse über 9 bzw. 15 T€ bei Versicherung coronabedingter Liquiditätseinbrüche auf Treu und Glauben pauschal, schnell und vollständig ausgezahlt werden. Nun bildet sich immer mehr raus, dass die Länder mit mehr Fragen und präziserer Prüfung die Mittel nur zum Teil und nicht pauschal ausschütten (Details: siehe weiter unten). Unser offener Brief fand insofern kein Gehör (Link: Offener Brief an alle Länderregierungen). Anträge werden zunehmend genauer geprüft. Und das, obwohl die Zahl der gestellten Anträge überwältigend ist und beispielsweise in Berlin vor der Investitionsbank die Antragssteller in langen Schlangen warteten. Nach einer Umfrage des Verbandes der Familieinunternehmer halten 5% der Unternehmen keine 14 Tage mehr durch. Wir schätzen, dass 20% der Unternehmen insolvent gehen werden. Trotz des von der Bundesregierung erleichterten Insolvenzschutzes.
Grundsätzliche Kriterien für die Antragsberechtigung:
• Auftragseinbruch um mehr als 50%
• Umsatzrückgang um mehr als 50%
• Coronabedingter Liquiditätsengpass.
Wie unterscheiden sich diese 3 Kriterien? Wenn die Aufträge einbrechen, ist das ein Frühwarnhinweis auf wirtschaftliche Probleme. Trotzdem können noch Umsätze da sein, weil Rechnungen bezahlt werden aus der Zeit vor der Krise oder Aufträge abgearbeitet werden, die vor der Krise erteilt wurden. Liquditätsengpässe entstehen oft erst danach. Sie können aber auch schon viel früher eintreten, wenn Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlen, weil sie zum Beispiel selbst in die Krise geraten.
Grundsätzlich hat jedes Bundesland seine eigene Förderstruktur. Die Bundesmittel werden über die Förderbanken der Bundesländer ausgezahlt (Link: Erfahrungsaustausch Corona-Hilfen der Länder). Aber viele Länder (nicht aber Niedersachsen) legen noch Landszuschüsse drauf. In einigen Ländern wie Hamburg werden diese dazu gezählt, in anderen Ländern muss man wählen: Bundeszuschuss oder Landeszuschuss. Welche Fragen hier auftauchen, beantwortet beispielsweise Schleswig-Holstein in einem 10 Seiten Papier (Details: Antworten auf häufige Fragen)
Wichtige Fragen und Antworten (Stand 4.4.2020):
- Ich habe mehrere Unternehmen: Bekomme ich für jedes einen Zuschuss? Antwort: In der Regel wird das zusammengerechnet. Außerdem dürfen die Unternehmen in der Regel nicht mehr als 10 Beschäftigte haben.
- Ich bin nur im Nebenerwerb selbstständig. Bekomme ich trotzdem einen Zuschuss? Antwort: In der Regel muss die Selbstständigkeit das Haupteinkommen sein. Aber in Schleswig-Holstein gibt es den Zuschuss auch für gewerbliche Nebenerwerbe, nicht aber für freiberufliche Nebenerwerbe. Handwerker üben in der Regel eine gewerbliche Tätigkeit aus.
- Ich beziehe ALG II-Leistungen. Bin ich antragsberechtigt? Antwort: Ja, aber als Aufstocker muss ich Gewerbetreibender sein.
- Ich beschäftige auch Auszubildende und Minijobber. Werden die bei meinen Arbeitnehmern mitgezählt? Antwort: Hier sagt Schleswig-Holstein ja. Andere Bundesländer nein. Bitte schauen Sie auf den Seiten der Förderbanken, wie dieses in Ihrem Fall gehandhabt wird. Die Frage ist wichtig, weil die Fördermittel nach der Betriebsgröße gestaffelt sind. In der Regel Soloselbstständige und Kleinunternehmen bis 5 Beschäftigte, dann bis 10 und je nach Bundesland gibt es auch darüber hinaus einen Zuschuss. Oder auch nicht.
- Werden Geschäftsführer mitgezählt? Antwort: Auch das kommt darauf an. In Schleswig-Holstein ja, aber nur dann wenn Sie als Geschäftsführer nicht zugleich Gesellschafter des Unternehmens sind. Nur dann werden Sie wie ein normaler Arbeitnehmer mitgezählt.
- Wenn ich viele Teilzeitkräfte habe: Wie zähle ich die? Antwort: Alle Länder verlangen eine Umrechnung in Vollzeitäquivalente. Die Regeln hier sind unterschiedlich. Eine einfache Faustregel hilft. Sie rechnen auf der Basis von 39 Stunden eine Kraft als Vollzeitäquivalent. Beispiel: 20+30+39 Wochenstunden sind 2,8 Vollzeitkräfte.
- Müssen private Mittel erst aufgebraucht werden? Antwort tendenziell Nein. Aber der Teufel liegt auch hier im Detail. Bespielsweise weiß keiner, wie lange die Krise dauern wird. Beispiel: Sie haben 100% Umsatzeinbruch. Ihr Friseursalon wurde geschlossen. Sie sind Messebauer: alle Messen wurden abgesagt, so dass Sie als Messebauer keine Kunden mehr haben. Sie haben in beiden Beispielen aber noch private und betriebliche Mittel, ihr Konto ist (noch) gefüllt. Faustregel: Kein Umsatz, aber die Kosten laufen weiter. Dann ist die Differenz die Lücke. Diese multiplizieren Sie mal 3 Monate. Das ist die Summe, die Ihnen pauschal fehlt. Wenn Ihr Vermieter auf Miete verzichtet oder die Miete stundet, dürfen Sie diese Lücke mit 5 Monaten rechnen, sonst nur 3 Monate. Das ist eine pauschale Rechenhilfe nur zur groben Orientierung. Die Länder geben hier eigene Berechnungshilfen. Aber ohne diese Faustregel ist das Antragsverfahren nicht zu verstehen. Schleswig-Holstein gibt ein Beispiel: Sie erwarten in den nächsten 3 Monaten Einnahmen in Höhe von 30.000 Euro, haben aber Betriebsausgaben in Höhe von 60.000 Euro, fehlen Ihnen 30.000 Euro. Sie können den Zuschuss beantragen. Haben Sie aber noch 80.000 Euro liquide Mittel (hier zählen Kassenbestände und Bankguthaben), dann haben Sie keinen Liquiditätsengpass. Sie können keinen Antrag stellen.
- Zählen Dispositionskredite und Kontokorrentkredite zu den liquiden Mitteln? Antwort: Nein. Sie sind Verbindlichkeiten, also Schulden.
- Müssen Sie zur Abwendung eines Liquiditätsengpasses auch Anlagevermögen einsetzen? Beispielsweise Immobilien? Antwort: Nein. Nur schnell verfügbare betriebliche Mittel sind einzusetzen. Auch private Rücklagen wie Lebensversicherungen müssen Sie nicht aufbrauchen.
- Gibt es Zuschüsse auch bei zu erwartenden, noch nicht eingetretenen Umsatzlücken? Antwort: Ja. Es hängt von Ihren Erwartungen ab. Diese Prognose ist Grundlage Ihrer Planung. Es kann sein, dass Sie aber deshalb den Antrag vielleicht einen Monat später stellen, weil dann die Lücke größer ist. Nicht gleich im ersten Monat. Beachten Sie: Den Bekundungen zu Folge kann man bis Ende Mai Anträge stellen. Bitte auch hier genau prüfen, was die Landesregierung veröffentlicht.
- Zählen Privatentnahmen zu den Betriebsausgaben? Antwort: Nein. Sie leben vom Gewinn. Der ist keine Betriebsausgabe. Anders ist das bei GmbHs. Hier sind die Geschäftsführergehälter Betriebsausgabe. Sie gehören mit zu der zu erwartenden Lücke, dem Liquiditätsengpass. Achtung/Nachtrag: Hier gibt es offenbar eine Änderung in den Richtlinien der Länder. Das Thema ist bei Bund und Ländern hochumstritten. Eine einheitliche Handhabung steht noch in den Sternen (Stand 19.5.2020)
- Ich arbeite von zu Hause aus. Ist auch die Miete meiner Wohnung als Betriebsausgabe abzugsfähig? Antwort: Nein. Die private Miete ist keine Betriebsausgabe. Sie gehört zu dem notwendigen Gewinn, den Sie nach Abzug aller Betriebsausgaben erzielen müssen, ist aber keine betriebliche Liquiditätslücke.
- Wenn ich meinen Antrag später stelle: Reicht das Geld für alle? Antwort: Ja, das Förderprogramm ist darauf ausgerichtet, dass alle Unternehmen mit Problemen einen Zuschuss bekommen. Hinweis: Anträge können bis 31.5.2020 gestellt werden.
Dieses sind nur einige der möglichen Fragen, die durch die Förderrichtlinien entstehen. Wir haben immer davor gewarnt, dass hier unnötig viel Bürokratie entsteht, die schnelle Hilfen geradezu verhindert und allen Seiten viel Arbeit beschert. Das ist gerade jetzt wichtig. Weil gerade jetzt durch die bundesweit vorgeschriebene „soziale Distanz“ die normalen Arbeitskapazitäten überall beschränkt sind. Auch in den Behörden selbst. Es sieht aber so aus, dass unser offener Brief (Offener Brief) nicht gehört worden ist. Bitte posten Sie den Link unseres offenen Briefes in allen social media-Kanälen. Es ist wichtig, dass gerade jetzt Großzügigkeit statt Kleinlichkeit herrscht. Denn viele Soloselbstständige ohne festes Einkommen und viele Kleinunternehmer drohen jetzt unter die Räder zu kommen. Mit der Krise muss ein Ruck durch Deutschland gehen: Deutschland muss digital werden und flexibel. Dafür müssen die Selbstständigen liquide bleiben. Es können nicht nur Beamte und Arbeitnehmer übrig bleiben. Gerade deshalb müssen die Förderbanken jetzt großzügig sein.
Ein Förderprogramm des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hilft Unternehmern in Not
- Achtung/Hinweis: Das Beratungsprogramm scheint quasi „gehackt“ worden zu sein. Mehr als 8000 Berater wollten sich neu registrieren wegen der 100%-Förderung, die in diesem Falle nur dem Berater zu Gute gekommen wäre. Es steht in den Sternen, ob die ca 25.000 gestellten Anträge überhaupt bewilligt werden. Alles liegt auf Eis, Anträge werden derzeit nicht bewilligt. Es sieht so aus, dass die gut gemeinte Förderung auch deutlich teurer wird als ursprünglich beabsichtig. Die Entscheidung scheint direkt bei Wirtschaftsminister Altmaier zu liegen und hier steht eine Antwort noch aus (Stand 19.5.2020).