IFHandwerk e.V.

Bundesverfassungsgericht greift Meisterkartell an: Ausnahmen müssen deutlich großzügiger bewilligt werden!

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Kartell der Handwerksmeister erneut einen herben Schlag versetzt. Thema der Entscheidung: Die Verwaltungspraxis der Ausnahmegenehmigungen nach § 8 HWO. Diese müssen großzügig erteilt werden. Das werden sie aber nicht. Und zwar schon seit Jahren. Das Bundesverfassungsgericht setzt diesem nun mit seiner aktuell bekannt gewordenen Entscheidung (Aktenzeichen 1 BvR 1730/02) ein Ende. Begründung: Ohne großzügige Bewilligungspraxis wird das Grundrecht erfahrener Handwerker ohne Meisterbrief verletzt, weil es sie gegenüber Mitbewerbern aus dem EU-Ausland benachteiligt. Das Urteil ist eine Sensation und setzt die freiheitliche, am Grundrecht der Berufsfreiheit orientierte Rechtsprechung der Verfassungshüter fort. Nur mit dem Bundesverfassungsgericht können sich offenbar freie Handwerker gegen das Meisterkartell wehren, das sich die Konkurrenz erfahrener Handwerker ohne Meisterbrief vom Leibe halten möchte und auch die novellierte Handwerksordnung am liebsten wieder auf die alte Regelung zurückregulieren möchte.

Auch hierzu läßt das Bundesverfassungsgericht deutliche Worte fallen: „Für das gesetzgeberische Ziel der Qualitätssicherung handwerklicher Leistungen erscheint es allerdings zweifelhaft, ob der große Befähigungsnachweis unter den veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts weiterhin als verhältnismäßig im engeren Sinne angesehen werden konnte. Hierfür ist es notwendig, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl.BVerfGE 83, 1 <19>; 102, 197 <220> ).“ Kein Wunder, werden doch von Handwerksmeistern keine Weiterbildungsnachweise gefordert. Auch der Inhalt der Meisterprüfung steht nicht ausreichend für Qualität. Insofern dürfen erfahrene Handwerker, die sich stetig fortgebildet haben, nicht benachteiligt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat das klar erkannt und spricht von dem „zunehmend verwischten – Ziel der Qualitätssicherung“. Auch das Ausbildungsargument taugt nicht zur Verteidigung des Meisterzwangs, dürfen doch auch andere Fachleute im Handwerk ausbilden.

Der IFHandwerk begrüßt die mutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle, Autor des Ratgebers „Selbständig ohne Meisterbrief“, wundert sich allerdings darüber dass die Verfassungsrichter nicht den letzten Schritt auch noch gegangen sind und den Meisterzwang angesichts der starken Bedenken zur Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs ganz für verfassungswidrig zu erklären. Die Kammer sah sich hierzu nicht berufen. Sie sagte hierzu in der Entscheidung: „Die geschilderten Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl – über die zu entscheiden die Kammer nicht berufen ist – bekräftigen die Notwendigkeit, die Ausnahmeregelung des § 8 HwO a.F. mit Blick auf Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG großzügig anzuwenden. Die Verwaltungspraxis hat dem jedoch nicht hinreichend Rechnung getragen.“