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Bundesverfassungsrecht rügt Behörde: Wohnungsdurchsuchung darf nicht zur Ermittlung von Tatsachen dienen, die einen Verdacht begründen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 3. Juli 2006 (2 BvR 2030/04) das Recht der Behörden zu Wohnungsdurchsuchungen begrenzt und wieder einmal eine Lanze für staatsbürgerliche Grundrechte gebrochen. In dem entschiedenen Fall ging es um den Verdacht der Steuerhinterziehung. Freiheitliche Handwerker ohne Meisterbrief kennen das aus der Praxis: Zuletzt in Nordrheinwestfalen (z.B. Bochum) ermittelten Behörden, in dem Sie Wohnungen und Geschäftsräume der Betroffenen durchsuchten, um Beweismaterial zu beschaffen. Dies ist dann unzulässig, stellten die Verfassungsrichter klar, wenn die Behörde auf andere Art und Weise die Informationen beschaffen könnte. Das gilt selbst dann, wenn andere Ermittlungswege mühsamer sind als eine Wohnungsdurchsuchung. Die Grundrechte der Betroffenen verlangen dieses!

Die Richter haben damit deutliche Worte gefunden, die sich die Ordnungsbehörden ins Stammbuch schreiben lassen müssen. Die Behörde hatte dem Steuerpflichtigen mißtraut und deshalb Wohnung und Geschäftsräume durchsucht sowie Unterlagen beim Steuerberater und der Bank beschlagnahmt. Das war zu viel, fanden die Verfassungsrichter und verwarfen die Urteile der Vorinstanzen.

Zitate aus dem Urteil: „Auf dieser [unzureichenden] Grundlage durfte eine Durchsuchung bei dem Beschwerdeführer nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus. Aus einem … rechtmäßigen Verhalten auf das Begehen einer Straftat zu schließen, hätte weiterer Anhaltspunkte bedurft … Es war Aufgabe der Ermittlungsbehörden, die plausible Angabe über die Herkunft des fraglichen Betrages zunächst ohne empfindliche Grundrechtseingriffe zu überprüfen, um Zwangsmaßnahmen erst dann in Betracht zu ziehen, wenn sich die Angabe als falsch oder nicht überprüfbar erwiesen hätte.“

Die Durchsuchung, so der Tenor des Urteils, ist somit das letzte Mittel. Andere Mittel müssen zuerst genutzt werden – was keineswegs die Praxis ist. Insofern ist der Richterspruch für alle freien Handwerker wichtig, auch wenn es in dem entschiedenen Fall um Steuerhinterziehung ging. Und das gilt auch dann, wenn es für die Behörden mühselig ist. Zitat: „Es mag für die Ermittlungsbehörden mühevoller sein, auf diese Weise durch Auskunftsersuchen und eventuell durch Zeugenvernehmungen die Hinweise auf ein strafbares Verhalten zu überprüfen; der hohe Wert der Integrität der Wohnung verlangt diese Mühewaltung jedoch, bevor ein empfindlicher Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG zulässig sein kann.“

In dem entschiedenen Fall ging es um einen steuerpflichtigen Geschäftsmann, der Geld seiner Schwiegereltern erhalten hatte. Die Steuerprüfer hatten unversteuerte Einnahmen angenommen und eine Durchsuchung angeordnet. So geht’s nicht. Das gilt auch bei handwerksrechtlichen Ermittlungen. Für den Verdacht auf einen Gesetzesverstoß müssen ganz konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Erst der gut begründete Verdacht, dann die Ermittlung. Nicht umgekehrt wie in der Praxis. Erst die Durchsuchung, dann die Begründung des Verdachtes. Das zu prüfen ist Aufgabe des Richters, der die Durchsuchung genehmigt.