Der IFHandwerk e.V. war Gast bei Andrea Nahles, der Bundesarbeitsministerin. Das ist die zentrale Ministerin, die verantwortlich für die geplante Rentenversicherungspflicht für alle ist. Sie steht auch hinter der Verschärfung der Verfolgung von Solo-Selbstständigen und ihren Auftraggebern als Scheinselbstständige (wir berichteten, siehe auch HANDWERKSBERATER NR. 38). Wichtigstes Ergebnis der vertraulichen Gesprächsrunde: Die Bundesarbeitsministerin sieht die Problematik für Selbstständige, sie sieht es, dass für Solo-Selbstständige durch bürokratische Hürden die Arbeit immer schwieriger und komplizierter wird. Das Gespräch in kleiner Runde fand in einer sehr offenen konstruktiven Athmosphäre statt. Das Handwerk wurde vertreten durch den IFHandwerk e.V.
Unternehmensgründungen für Handwerker, Scheinselbstständigkeitsdrohung für Subunternehmer: Die Bürokratie in Deutschland macht Selbstständigen das Leben nicht einfacher, sondern immer schwieriger. Die zentrale Forderung des IFHandwerk e.V. ist deshalb: Die Regierung muss dafür sorgen, dass mit Hilfe digitaler Techniken alles vereinfacht wird. Die Botschaft wurde gehört. Wir werden sehen, ob Taten folgen.
Erstaunlich offen face to face diskutierten wir mit Andrea Nahles im Kamingespräch (digitaler Kamin natürlich!) dieses Thema diskutieren. Deutschland steht vor einer gewaltigen Herausforderung, wie Regierung und Unternehmen die Anforderungen der Zukunft bewältigen können. Der Takt wird hierbei von Google & Co. in Amerika vorgegeben – ob wir das wollen oder nicht. Hierbei wird sich zeigen, ob insbesondere die digitale Herausforderung für Bürger und Behörden in Deutschland das Leben tatsächlich dynamischer, freier, einfacher macht. Der digitale Wandel wird auch das Handwerk modernisieren, wenn es nicht vorher unter zusätzlichen bürokratischen Lasten vor allem von staatlicher Seite zusammenbrechen wird.
Die Rentenversicherung kommt noch mehr unter Druck. Doch die geplante Zwangsrente für Selbstständige (auch für Beamte?) und die Verschärfung der Scheinselbstständigkeit von 19 auf 47% nicht anerkannter Verträge macht zur Zeit wenig Hoffnung auf neue Freiheiten. Das Problem: Bislang richtet sich behördliches Denken und Handeln am diskriminierenden Leitbild des Arbeitnehmers aus. Folglich sind Gesetze und Formulare unpassend und für Selbstständige nicht nur im Handwerk kaum begreifbar.
Ein Beispiel: Bislang zahlen Geringverdiener bei den Selbstständigen höhere Beiträge in die Krankenversicherung als Arbeitnehmer. Ob das bei der geplanten Rentenversicherungspflicht besser wird? Es war ein guter und offener Austausch mit der Ministerin. Dafür sind wir dankbar. Das ist viel mehr als Bürokratieabbau. Das ist neues Denken. Steve Jobs hat die Musikindustrie mit einem neuen Geschäftsmodell vereint. Diese wollte mehr Kontrolle von illegalen Downloads. Neues Denken statt Kontrolle. Das ist wirklich einfach. Oder wie es die Vertrete rin des Lektorenverbandes sagte: Eine Willkommenskultur für Selbstständige. Das wär toll. Ob das ein Leitbild für die Ministerin wird? Willkommenkultur statt Zwangsmaßnahmen und Verfolgung?
Weiter Informationen:
- Stellungnahmen der anderen Gesprächsteilnehmer: siehe https://goo.gl/bhOhPQ
- Zur Gesprächsathmosphäre: https://goo.gl/0x82tK