IFHandwerk e.V.

Hausdurchsuchung: Nutzungsausfall bei Computerbeschlagnahme

Wenn bei Hausdurchsuchungen Computer mitgenommen werden, was regelmäßig auch der Fall ist, ist der Betrieb kaum arbeitsfähig. Die Durchsuchungsfolgen können ruinös, die Durchsuchung schwerwiegender sein als das spätere Bußgeld. Da die meisten Durchsuchungen bei freien Handwerkern nach unserer Erfahrung rechtswidrig sind, liegt der eigentliche Schaden in der Durchsuchung selbst.

In diesem Zusammenhang weist der Düsseldorfer Strafrechtler Udo Vetter in seinem Blog auf ein interessantes Urteil des OLG München hin. Hiernach halten die Richter Schadenersatz für denkbar. Der eigentliche Schadenersatz muss jedoch erst erstritten werden. Das Oberlandesgericht München bewilligte einer Betroffenen Prozesskostenhilfe, um diese Entschädigung einklagen zu können (Oberlandesgericht München, Beschluss vom 23. März 2010, 1 W 2689/09). Mehr Details im Blog des Anwalts:

http://www.lawblog.de/index.php/archives/2010/07/11/nutzungsausfall-fur-beschlagnahmte-computer/

Einheitliche Ansprechpartner: Teurer Briefkasten

Der EU-Dienstleistungsrichtlinie, der wir neue Informationsvorschriften bei Angeboten und Verträgen (vgl. HANDWERKSBERATER Nr. 26) verdanken, regelt auch das Zulassungsverfahren für Gewerbetreibende neu (vorerst primär für Gewerbetreibende aus dem EU-Ausland, die sich in Deutschland niederlassen wollen). Hierfür gibt es überall im Lande sog. Einheitliche Ansprechpartner (EA). Der Grundgedanke ist gut: nur ein Ansprechpartner für diverse Behördengänge (vgl. HANDWERKSBERATER NR. 23/2009, S. 4).

So wurde hierfür in Schleswig-Holstein eine Landesanstalt errichtet, deren Träger das Land, die Gemeinden und Kreise des Landes sowie die Handwerks- und Industrie- und Handelskammern sind. In Thüringen wurde die Aufgabe den Kammern direkt übertragen.

Der IFHandwerk hat die Praxis dieser für Sie freiwilligen Anlaufstellen erstmals überprüft und diverse EA-Vertreter getestet. Fazit: Die Ansprechpartner haben keine Ahnung vom Handwerksrecht. Immer wieder beziehen sie die Auskünfte der Handwerkskammern unkritisch ein. Der EA ist bis jetzt letztlich nur ein teurer „Briefkasten“, der im Zweifel Übermittlungsfehler zu Ihrem Antragsverfahren beträgt und einen hieraus entstandenen Schaden nicht ersetzen muss, berichtet der HANDWERKSBERATER in seiner neuesten Ausgabe.

Eine Übersicht über die zuständigen EA in den einzelnen Bundesländern finden Sie unter:
http://www.dienstleisten-leicht-gemacht.de

Koalitionsvertrag: Was die neue Regierung verändern will

Die neue Regierung hat nach langem, zähen Verhandlungspoker keinen besonders guten Start hingelegt. Angesichts der öffentlichen Steuerdebatte und dem Widerstand der CDU-Ministerpräsidenten gegen die neue Politik dürfte der Meisterzwang in der öffentlichen Wahrnehmung eher ein Randthema bleiben. Das sind nach der Koalitionsvereinbarung Kernpunkte für den Mittelstand:

– Gründerland Deutschland: Ausbau der öffentlichen Förderprogramme für Unternehmensfinanzierungen, Erleichterungen bei betrieblichen Nachfolge-regelungen (Erbrecht), Investitionen in Kleinstkredite und Mezzaninekapital (Fremdkapital mit Eigenkapitalcharakter).
– Entbürokratisierung: Unternehmen von unnötigen Bürokratielasten befreien. Zitat: „Der freiheitliche Staat soll nicht bevormunden, sondern den Gestaltungsraum von Bürgern und Unternehmen respektieren. Regulierungen sollen nur dort geschaffen werden, wo es zum Schutz des Schwächeren und zur Wahrung wichtiger Gemeinschaftsgüter und eines Ordnungsrahmens erforderlich ist.“ Eigentlich müsste damit der Meisterzwang weiter abgesenkt werden.
– Schwarzarbeit: Verstärkte Schwarzarbeitsbekämpfung. Freie Handwerker wissen, dass hier immer auch der Meisterzwang gemeint ist, nicht nur Abgaben- und Steuerhinterziehung.
– Datenschutz und Rechtsstaatlichkeit: Die Vorratsdatenspeicherung soll wieder beschränkt werden, der Schutz von Berufsgeheimnisträgern (Anwälten und Journalisten) verstärkt werden.
– Steuern: Steuersenkung in der Einkommensteuer, Erbschaftssteuer und Umsatzsteuer, Ertrags- und Gewerbesteuer.
– Lohnnebenkosten: Arbeitgeberfreundliche Gestaltung und Begrenzung des Beitragsanstiegs.
– Mindestlohn: Kein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn (was an den Regelungen im Entsendegesetz und der Durchsetzung von Tarifrecht nichts ändert).
– Bundesagentur für Arbeit: Überprüfung der Aufgaben der aktiven Arbeitsmarktpolitik, was eine Kürzung von Zuschüssen zur Folge haben könnte.
– Befristete Beschäftigungsverhältnisse: Sollen erleichtert werden.
– Minijobs: Erhöhung der Freigrenzen.
– Energiepolitik: Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien, möglicherweise Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.

Im Original: Auszug aus der Koalitionsvereinbarung

„Der Mittelstand ist das Herz der Sozialen Marktwirtschaft… Wir wollen die Rahmen-bedingungen für Mittelstand, Handwerk, Handel und Freie Berufe verbessern, Selbständigkeit attraktiver machen und eine neue Gründerdynamik anstoßen. Das Handwerk sichert einen hohen Qualitäts-standard, eine gute Ausbildungsleistung und nachhaltig erfolgreiche Existenzgründungen. Der Meisterbrief ist dabei ein Ausweis hoher Qualität. Wir wollen junge, innovative Unternehmen von unnötigen Bürokratielasten befreien, um Gründungen zu erleichtern und intensiv zu befördern. Deutschland muss wieder zum Gründerland werden.“ (Aus dem Koalitionsvertrag CDU/CSU/FDP, Unterstreichungen von der HANDWERSBERATER-Redaktion)

Bundestagswahl: Wählen gehen!

Am Sonntag, den 27. September, haben Sie die Wahl. Jede Stimme zählt. Auch Ihre! Freie Handwerker sollten auf jeden Fall wählen gehen. In der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD gab es zwar keinen Fortschritt beim Abbau des Meisterzwangs, allerdings gab es bis jetzt auch keinen Rückschritt. Dabei war die Überprüfung der Reform von 2004 im Koalitionsvertrag vereinbart.

Wir haben die Parteien befragt, wie sie zum Meisterzwang stehen und die Ergebnisse im neuen „Handwerksberater“ veröffentlicht. Das Ergebnis unseres großen Parteientests ist eindeutig. Unser Testsieger ist die SPD.

Geantwortet haben die CDU, SPD, FDP, Grüne und Die Linke. Die Ergebnisse sind interessant und werden auch in Zukunft Bedeutung haben, wenn wir die einzelnen Politiker an ihre Wahlversprechen erinnern wollen. Fazit: Bisher als Bremser bekannte Parteien wie der CDU antworteten zu unserer Verwunderung ausgesprochen liberal, bei den für unsere Forderungen offenen Parteien schleichen sich Zweifel ein. Hierzu zählen die Grünen und auch die Linke.

Die Pole der Antworten sind SPD und FDP. Was hat die SPD geschrieben?

Geantwortet hat Ute Berg, die Sprecherin der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie der SPD-Bundestagsfraktion. Die Antwort gefällt uns, weil die SPD zur Novellierung der Handwerksordnung steht, die schließlich ihr Wirtschaftsminister Clement 2003 durchgesetzt hat: „Wir stehen zur Novellierung des Handwerksrechts 2004“, schreibt Berg dem IFHandwerk. Die Novelle war „ein wichtiger Schritt“, es kann „kein einfaches Zurück zum Meisterzwang mehr geben“. „Wir wollen Existenzgründungen erleichtern und … Bürokratie … reduzieren“. Fazit: Das ist die richtige Antwort und wahrscheinlich hat die SPD auch verhindert, dass die CDU in der großen Koalition den Meisterzwang wieder stärken konnte.

Die anderen Ergebnisse und unsere Bewertung im Einzelnen:
• CDU (Bewertung: positiv): Geantwortet hat Bundesvorstandsmitglied Laurenz Meyer, ehemaliger Generalsekretär der CDU. Meyer sieht den Meisterzwang kritisch und spricht sich gegen eine Wiedereinführung in den freien Gewerken aus! Er sieht „erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Qualifizierungs-nachweises“. Weiter: „Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe der Meisterpflicht vor Wettbewerb zu schützen“. Meyer ist die größte Überraschung aus unserer Umfrageaktion. Offen ist, ob er genügend Parteimitglieder in der CDU/CSU auf seiner Seite hat. Er vertritt jedoch die richtige Position!
• FDP (Bewertung: negativ): Für die FDP hat Rainer Brüderle geantwortet. Brüderle könnte Minister in einer CDU-FDP-Koalition werden. Brüderle argumentiert, dass die FDP bei der Novellierung eine machbare Reform wollte. Wir erinnern uns. CDU/CSU und FDP haben damals im Bundesrat gebremst. Brüderle mahnt an, dass die im Koalitionsvertrag der großen Koalition versprochene Überprüfung der Reform nicht vorgenommen wurde. Für unsere Ohren klingt das so, dass Brüderle das Rad gerne wieder etwas zurück drehen möchte. Deshalb sagen wir: Die Antwort befriedigt uns nicht.
• Grüne (Bewertung: positiv): Geantwortet hat der stellvertretende Frakti-onsvorsitzende und Bundesminister a.D. Jürgen Trittin. Seine Antwort hat uns am meisten überzeugt. Trittin: „Dank der rotgrünen Handwerksnovelle von 2004 ist es für viele Handwerkerinnen und Handwerker leichter geworden, ihre eigenen Betriebe zu gründen. Dadurch haben wir viel dazu beigetragen, Inländerdiskriminierung zu unterbinden. Wir Grüne haben uns damals sogar dafür eingesetzt, noch mehr Gewerke aus der Handwerksrolle A zu entlassen. Dazu stehen wir auch heute noch. Bei den Kammern sehen wir großen Reformbedarf“. Hier sieht Trittin Intransparenz, Ineffizienz und unzureichende Interessenvertretung und fordert eine grundlegende Überprüfung der Kammerstruktur. Unser Fazit: Das ist die überzeugendste Antwort. Leider ist seine Kollegin Kerstin Andreae nicht besonders überzeugend in der Umsetzung dieser Haltung. Sie biedert sich nach unserer Beobachtung zu sehr bei den Handwerkskammern an. So jedenfalls das Fazit unserer Beobachter vom grünen Handwerkstag in Berlin. Ein Politikwechsel wird jedoch klar dementiert. Wir beobachten weiter.
• Linke (Bewertung: nicht überzeugend): Geantwortet hat Prof. Herbert Schui, der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken im Bundestag. Schui: „Die erhebliche Beschränkung der zulassungspflichtigen Gewerke sieht DIE LINKE kritisch.“ Mit anderen Worten: Schui trauert dem Meisterzwang in den befreiten Gewerken hinterher. Das ist nicht unsere Position, sondern eigentlich alte CDU-CSU-Tradition. Merkwürdig, dass ausgerechnet DIE LINKE dem alten System hinterhertrauert. Andererseits wissen wir, dass DIE LINKE in praktischen Fällen sich sehr wohl engagiert für unsere Mitglieder einsetzt und kürzlich eine parlamentarische Anfrage für den IFHandwerk eingebracht hat. Wie passt das zusammen? Schui erklärt, dass der Abbau des Meisterzwangs den Preiswettbewerb stärkt. Folge aus seiner Sicht: Qualitätseinbußen. Andererseits erkennt Schui aber auch die von uns kritisierte einseitige, inkompetente, monopolistische Praxis im Umgang mit dem Meisterzwang. Er sieht, dass die Zuständigen „in Ab-grenzungsfragen nur unzureichend Auskünfte erteilen“. Fazit: Im konkreten Fall ist DIE LINKE eine Hilfe für freie Handwerker, die politischen Aussagen sind es jedoch nicht.

Fazit: Wen können Sie wählen? Wen sollten Sie wählen? Die Antwort ist, wenn man die Praxis kennt, nicht leicht. Außerdem kommt es bei Ihrer persönlichen Wahlentscheidung natürlich nicht allein auf den Meisterzwang an.

Am besten schneidet in diesem Bereich jedoch die SPD ab (Platz 1), weil sie von ihren Wahlaussagen wie auch von der uns bekannten Praxis unsere Forderungen erfüllt. Auf Platz 2 landen die Grünen, obwohl die Praxis in letzter Zeit Grund zur Beanstandung gibt. Auf Platz 3 landen DIE LINKE und die CDU. Bei beiden gibt es gute Ansätze, aber die Antworten lassen viel Raum für Skepsis. Auf dem letzten Platz landet die FDP (Platz 4). Deren Antwort ist absolut unzureichend. Außerdem dominieren in der FDP die Meisterzwangvertreter und Kammerfunktionäre. Es gibt aber eine starke, wirklich liberale Minderheit, die sich bislang nicht durchsetzen konnte. Zu befürchten ist, dass mit einer FDP in der Regierung das Rad der Geschichte zurück gedreht wird. Die Antwort der CDU hat uns übrigens am meisten überrascht. Sie ist eindeutig und sehr positiv! Ist das ein Zeichen eines Gesinnungswandels? Das wäre sehr in unserem Interesse und entspricht auch den Aussagen fast aller wirtschaftswissenschaftlichen Institute und Gremien (Sachverständigenrat, Monopolkommission).

Fazit: Wie auch immer Ihre Entscheidung aussehen wird, gehen Sie zur Wahl. Nichtwähler wählen immer die Falschen. Das könnte z.B. die NPD sein. Und der NSDAP verdanken wir schließlich in Deutschland den Meisterzwang, der 1935 ca 100 Jahre Gewerbefreiheit im Handwerk ablöste.

Stehen Handwerkskammern kurz vor der Pleite? IFHandwerk e.V. fordert Offenlegung der Finanzen

Sind die Handwerkskammern überschuldet? Nach einer Veröffentlichung des „Handwerksberaters“ steht es nicht gut um die Finanzen der Kammern. Transparenz über Soll und Haben der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen scheint nicht gewollt zu sein. Die Risiken werden verschwiegen. Die Frage nach den Finanzen der Kammern ist vor allem vor dem Hintergrund brisant, dass die schwierige wirtschaftliche Situation in Deutschland zu deutlichen Einbrüchen in den Mitgliedsbeiträgen führt. Aber die Schieflage ist nicht konjunkturell bedingt, sondern schlicht und einfach hausgemacht. Der Interessenverband Freier Handwerker (IFHandwerk) fordert die Kammern deshalb auf, Transparenz über die finanzielle Lage zu schaffen.

„Bislang weiß kaum ein Mitglied, ob die finanzielle Zukunft seiner Handwerkskammer gesichert ist“, so Michael Wörle, Geschäftsführer des IFHandwerk e.V. „Wir fordern deshalb die Kammern auf, die Öffentlichkeit über Soll und Haben zu informieren“. Strukturell plagen die Handwerkskammern nach Insiderinformationen noch schlimmere Probleme als die IHKn: Denn über Jahrzehnte sind enorme Pensionsverpflichtungen für die Wirtschaftsorganisationen entstanden, die das Vermögen der Kammern weit übersteigen. So muss der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) für Pensionszahlungen in Höhe von 60 Millionen Euro einstehen, berichtete das TV-Magazin „Kontraste“. Nur 14,3 Millionen seien jedoch bislang finanziert, wie die TV-Sendung informiert. Das allein ist schon schlimm genug. Aber wer zahlt die Zeche? Im schlimmsten Fall – bei einer Insolvenz – haften die Steuerzahler für eine Pleite der öffentlich-rechtlichen Kammern.

„In der Finanzkrise kommt verschärfend hinzu, dass die Kammern aufgrund von Insolvenzen und fallender Umsätze ihrer Mitgliedsunternehmen mit deutlich weniger Beiträgen rechnen müssen“, so Michael Wörle. „Höchste Zeit für eine Aufklärung der Öffentlichkeit“.