Am Sonntag, den 27. September, haben Sie die Wahl. Jede Stimme zählt. Auch Ihre! Freie Handwerker sollten auf jeden Fall wählen gehen. In der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD gab es zwar keinen Fortschritt beim Abbau des Meisterzwangs, allerdings gab es bis jetzt auch keinen Rückschritt. Dabei war die Überprüfung der Reform von 2004 im Koalitionsvertrag vereinbart.
Wir haben die Parteien befragt, wie sie zum Meisterzwang stehen und die Ergebnisse im neuen „Handwerksberater“ veröffentlicht. Das Ergebnis unseres großen Parteientests ist eindeutig. Unser Testsieger ist die SPD.
Geantwortet haben die CDU, SPD, FDP, Grüne und Die Linke. Die Ergebnisse sind interessant und werden auch in Zukunft Bedeutung haben, wenn wir die einzelnen Politiker an ihre Wahlversprechen erinnern wollen. Fazit: Bisher als Bremser bekannte Parteien wie der CDU antworteten zu unserer Verwunderung ausgesprochen liberal, bei den für unsere Forderungen offenen Parteien schleichen sich Zweifel ein. Hierzu zählen die Grünen und auch die Linke.
Die Pole der Antworten sind SPD und FDP. Was hat die SPD geschrieben?
Geantwortet hat Ute Berg, die Sprecherin der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie der SPD-Bundestagsfraktion. Die Antwort gefällt uns, weil die SPD zur Novellierung der Handwerksordnung steht, die schließlich ihr Wirtschaftsminister Clement 2003 durchgesetzt hat: „Wir stehen zur Novellierung des Handwerksrechts 2004“, schreibt Berg dem IFHandwerk. Die Novelle war „ein wichtiger Schritt“, es kann „kein einfaches Zurück zum Meisterzwang mehr geben“. „Wir wollen Existenzgründungen erleichtern und … Bürokratie … reduzieren“. Fazit: Das ist die richtige Antwort und wahrscheinlich hat die SPD auch verhindert, dass die CDU in der großen Koalition den Meisterzwang wieder stärken konnte.
Die anderen Ergebnisse und unsere Bewertung im Einzelnen:
• CDU (Bewertung: positiv): Geantwortet hat Bundesvorstandsmitglied Laurenz Meyer, ehemaliger Generalsekretär der CDU. Meyer sieht den Meisterzwang kritisch und spricht sich gegen eine Wiedereinführung in den freien Gewerken aus! Er sieht „erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Qualifizierungs-nachweises“. Weiter: „Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe der Meisterpflicht vor Wettbewerb zu schützen“. Meyer ist die größte Überraschung aus unserer Umfrageaktion. Offen ist, ob er genügend Parteimitglieder in der CDU/CSU auf seiner Seite hat. Er vertritt jedoch die richtige Position!
• FDP (Bewertung: negativ): Für die FDP hat Rainer Brüderle geantwortet. Brüderle könnte Minister in einer CDU-FDP-Koalition werden. Brüderle argumentiert, dass die FDP bei der Novellierung eine machbare Reform wollte. Wir erinnern uns. CDU/CSU und FDP haben damals im Bundesrat gebremst. Brüderle mahnt an, dass die im Koalitionsvertrag der großen Koalition versprochene Überprüfung der Reform nicht vorgenommen wurde. Für unsere Ohren klingt das so, dass Brüderle das Rad gerne wieder etwas zurück drehen möchte. Deshalb sagen wir: Die Antwort befriedigt uns nicht.
• Grüne (Bewertung: positiv): Geantwortet hat der stellvertretende Frakti-onsvorsitzende und Bundesminister a.D. Jürgen Trittin. Seine Antwort hat uns am meisten überzeugt. Trittin: „Dank der rotgrünen Handwerksnovelle von 2004 ist es für viele Handwerkerinnen und Handwerker leichter geworden, ihre eigenen Betriebe zu gründen. Dadurch haben wir viel dazu beigetragen, Inländerdiskriminierung zu unterbinden. Wir Grüne haben uns damals sogar dafür eingesetzt, noch mehr Gewerke aus der Handwerksrolle A zu entlassen. Dazu stehen wir auch heute noch. Bei den Kammern sehen wir großen Reformbedarf“. Hier sieht Trittin Intransparenz, Ineffizienz und unzureichende Interessenvertretung und fordert eine grundlegende Überprüfung der Kammerstruktur. Unser Fazit: Das ist die überzeugendste Antwort. Leider ist seine Kollegin Kerstin Andreae nicht besonders überzeugend in der Umsetzung dieser Haltung. Sie biedert sich nach unserer Beobachtung zu sehr bei den Handwerkskammern an. So jedenfalls das Fazit unserer Beobachter vom grünen Handwerkstag in Berlin. Ein Politikwechsel wird jedoch klar dementiert. Wir beobachten weiter.
• Linke (Bewertung: nicht überzeugend): Geantwortet hat Prof. Herbert Schui, der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken im Bundestag. Schui: „Die erhebliche Beschränkung der zulassungspflichtigen Gewerke sieht DIE LINKE kritisch.“ Mit anderen Worten: Schui trauert dem Meisterzwang in den befreiten Gewerken hinterher. Das ist nicht unsere Position, sondern eigentlich alte CDU-CSU-Tradition. Merkwürdig, dass ausgerechnet DIE LINKE dem alten System hinterhertrauert. Andererseits wissen wir, dass DIE LINKE in praktischen Fällen sich sehr wohl engagiert für unsere Mitglieder einsetzt und kürzlich eine parlamentarische Anfrage für den IFHandwerk eingebracht hat. Wie passt das zusammen? Schui erklärt, dass der Abbau des Meisterzwangs den Preiswettbewerb stärkt. Folge aus seiner Sicht: Qualitätseinbußen. Andererseits erkennt Schui aber auch die von uns kritisierte einseitige, inkompetente, monopolistische Praxis im Umgang mit dem Meisterzwang. Er sieht, dass die Zuständigen „in Ab-grenzungsfragen nur unzureichend Auskünfte erteilen“. Fazit: Im konkreten Fall ist DIE LINKE eine Hilfe für freie Handwerker, die politischen Aussagen sind es jedoch nicht.
Fazit: Wen können Sie wählen? Wen sollten Sie wählen? Die Antwort ist, wenn man die Praxis kennt, nicht leicht. Außerdem kommt es bei Ihrer persönlichen Wahlentscheidung natürlich nicht allein auf den Meisterzwang an.
Am besten schneidet in diesem Bereich jedoch die SPD ab (Platz 1), weil sie von ihren Wahlaussagen wie auch von der uns bekannten Praxis unsere Forderungen erfüllt. Auf Platz 2 landen die Grünen, obwohl die Praxis in letzter Zeit Grund zur Beanstandung gibt. Auf Platz 3 landen DIE LINKE und die CDU. Bei beiden gibt es gute Ansätze, aber die Antworten lassen viel Raum für Skepsis. Auf dem letzten Platz landet die FDP (Platz 4). Deren Antwort ist absolut unzureichend. Außerdem dominieren in der FDP die Meisterzwangvertreter und Kammerfunktionäre. Es gibt aber eine starke, wirklich liberale Minderheit, die sich bislang nicht durchsetzen konnte. Zu befürchten ist, dass mit einer FDP in der Regierung das Rad der Geschichte zurück gedreht wird. Die Antwort der CDU hat uns übrigens am meisten überrascht. Sie ist eindeutig und sehr positiv! Ist das ein Zeichen eines Gesinnungswandels? Das wäre sehr in unserem Interesse und entspricht auch den Aussagen fast aller wirtschaftswissenschaftlichen Institute und Gremien (Sachverständigenrat, Monopolkommission).
Fazit: Wie auch immer Ihre Entscheidung aussehen wird, gehen Sie zur Wahl. Nichtwähler wählen immer die Falschen. Das könnte z.B. die NPD sein. Und der NSDAP verdanken wir schließlich in Deutschland den Meisterzwang, der 1935 ca 100 Jahre Gewerbefreiheit im Handwerk ablöste.