IFHandwerk e.V.

Alfons Krüger ist tot

Alfons Krüger ist tot. Wir trauern um unser ältestes Verbands-Mitglied. Alfons Krüger ist am 8. April 2008 gestorben. Er war seit der Verbandsgründung ein aktiver Mitstreiter für die Aufhebung des Meisterzwangs. Er wurde am 6. September 1936 geboren, hat 12 Jahre im Handwerk als Tischler und Zimmermann gearbeitet. Nach beruflichen Stationen im Versicherungbereich und als Immobilienmakler hat er mit einem Unternehmen für den Blockhausbau unangenehme Erfahrungen mit der Handwerkskammer gemacht. Hierbei hat er erlebt, wie hart die Gegenseite mit unklaren Grenzziehungen zwischen Handwerk und Nichthandwerk umgeht. Er hat sich juristisch erfolgreich durchgesetzt und sich danach nicht zur Ruhe gesetzt, sondern durch Eingaben und Schriftsätze Politiker, Richter und Handwerker mit Informationsmaterial intensiv unterstützt. Auch der Umgang mit den neuen Technologien hat er nicht gescheut. Als Mitstreiter für die Freiheit im Handwerk werden wir ihn sehr vermissen.

Bundesverfassungsgericht: Entscheidungsserie zu Gunsten freier Handwerker reißt nicht ab

Wieder hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen für freie Handwerker entschieden (Aktenzeichen: 2 BvR – 103/04; 2 BvR – 1866/03; 2 BvR – 153/04; 2 BvR – 1915/02; 2 BvR – 2029/02; 2 BvR – 620/02; 2 BvR – 260/03; 2 BvR – 946/03; 2 BvR – 1994/02; 2 BvR – 2088/02; 2 BvR – 1545/03; 2 BvR – 532/02; 2 BvR – 1331/01; 2 BvR – 361/02; 2 BvR – 449/02; 2 BvR – 1219/07): Die Zahl der für unzulässig erklärten Hausdurchsuchungen reißt nicht ab.

Allein 2008 hat das höchste deutsche Gericht bereits 5mal für freie Handwerker entschieden. Insgesamt dürften im zurückliegenden Jahr etwa 16 Entscheidungen für das Grundrecht der Unverletzbarkeit der Wohnung gefallen sein. Das ist in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts sehr sehr außergewöhnlich. In der Sache ist es immer das Gleiche: Der Eingriff ist unverhältnismäßig. Allen neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist gemeinsam, dass in den angegriffenen Durchsuchungsfällen die „Durchsuchung vorschnell und auf unzureichender Verdachtsgrundlage angeordnet wurde“.

Das Problem der Praxis ist leider nur, dass sich solche höchstrichterlichen Entscheidungen bei Fahndern nur sehr langsam herumsprechen. So erzählte ein Düsseldorfer, auf Durchsuchungen spezialisierter Rechtsanwalt, Polizisten hätten ihm erklärt, sie würden erst auf ein amtliches Rundschreiben warten, bevor sie höchstrichterliche Rechtssprechung umsetzen würden. So langsam mahlen die Behörden, wenn es um Ihre Grundrechte geht.

Was soll man dazu jetzt noch sagen? Ein Journalist, Berichterstatter beim Bundesverfassungsgericht fragte einmal einen Verfassungsrichter, was denn wäre, wenn die Behörden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ignorierten. Dieser antwortete: „Das nennt man dann Staatsstreich“. Hoffen wir, dass die Behördenpraxis sich jetzt endlich ändert.

Online-Durchsuchung verfassungswidrig NRW

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsschutz-Vorschrift des Landes Nordrhein-Westfalen gekippt, nach der die heftig umstrittenen Online-Durchsuchungen in NRW zulässig waren (Urteil vom 27.2.08, Aktenzeichen 1 BvR 370/07; 1 BvR 595/07). Damit wurde ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen Online-Durchsuchungen errungen. Die Entscheidung zeigt nach Auffassung des IFHandwerk e.V., dass die Sensibilität zur Wahrung von Grundrechten noch immer nicht ausreichend ausgeprägt ist.

Die Verfassungsbeschwerden gegen die bundesweite Vorratsdatenspeicherung sind dagegen noch nicht entschieden. Geklagt hatte eine Journalistin, Mitglieder der Partei DIE LINKE und 3 Rechtsanwälte. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 27. Februar 2008 die Vorschriften zur Online-Durchsuchung sowie zur Aufklärung des Internet für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Vorschrift des Verfassungsschutzgesetzes, die den heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme regelt („Online-Durchsuchung“), verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Gewährleistung der Vertraulichkeit). Die Vorschrift ist unverhältnismäßig. Angesichts der Schwere des Eingriffs ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen, sie ist grundsätzlich nur unter dem Vorbehalt richterlicher Anordnung zulässig. Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichenden gesetzlichen Vorkehrungen, um Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu vermeiden.

Weiterhin ist das heimliche Aufklären des Internet ein Verstoß gegen das Telekommunikationsgeheimnis (dazu gehören auch E-Mails), wenn die Verfassungsschutzbehörde zugangsgesicherte Kommunikationsinhalte ohne oder gegen den Willen der Beteiligten überwacht. Hierfür fehlt die Minimalvoraussetzung einer Normierung der Eingriffsschwelle. Die Norm lässt nachrichtendienstliche Maßnahmen ohne Rücksicht auf das Gewicht der möglichen Rechtsgutsverletzung auch gegenüber Dritten zu. Zudem enthält die Norm keine Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Nimmt der Staat im Internet dagegen öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahr oder beteiligt er sich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen, greift er grundsätzlich nicht in Grundrechte ein.

Sinnlose Hausdurchsuchungen

Endlich hat ein Fernsehmagazin wirklich plastisch und kompetent die rechtswidrige staatliche Durchsuchungspraxis in Deutschland aufgegriffen. Ein Handwerker ohne Meisterbrief und ein des Schwarzgeldes Beschuldigter wurden Opfer staatlicher Willkür. Das Bundesverfassungsgericht hat die Durchsuchungen – wie so oft – für rechtswidrig erklärt. Das Problem stellt ein Massenphänomen dar. 30.000 bis 50.000 Durchsuchungen werden Jahr für Jahr genehmigt! Den Beitrag von Panorama am 14.2.2008 finden Sie unter: www.daserste.de

Wenn nur ein einziges zwei Jahre altes Angebot Grundlage einer Durchsuchung wird, dann ist es nicht verhältnismäßig, entschied das Bundesverfassungsgericht zu Gunsten eines Handwerkers ohne Meisterbrief. Das Problem ist nur: Der Mann bekam Recht, ist nun aber ruiniert. Entschuldigt hat sich keiner und eine angemessene Entschädigung erhielt er auch nicht. Der Vertreter des zuständigen Amtsgerichts erklärte gegenüber Panorama: „wo gehobelt wird, da fallen Späne!“

Der Fernsehbeitrag macht klar: Es sind Richter, die sich an die Grundrechte halten, die zeitlich und fachlich überfordert sind, ebenso wie die Durchsuchungsbehörden. Mangel an Zeit erlaubt aber nicht systematischen Rechtsbruch. Wie wäre es, wenn Sie mit 180 km/Std durch Städte und Gemeinden fahren, nur weil Sie wenig Zeit haben? Das würde mit Recht einen Aufschrei der Empörung auslösen. Wer die Bilder von Panorama gesehen hat, der weiß: Hier handelt es sich um staatlichen Vandalismus. Hintergrund ist jedoch mangelndes Unrechtsbewusstsein und eine fachliche und zeitliche Überforderung der Richter und Ermittlungsbehörden. Mehr Richterstellen sind aber nicht die Lösung. Die Lösung ist die Abschaffung unsinniger und unverständlicher Gesetze. Der Meisterzwang muss fallen. Dann kann ein Richter sich wieder mehr als 2 Minuten mit der Genehmigung von Durchsuchungen befassen.

Schon wieder: Bundesverfassungsgericht erklärt Hausdurchsuchung für verfassungswidrig

Wie heute bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen 2 BvR 1219/07 vom 21.1.2007) schon wieder einen richterlichen Hausdurchsuchungsbeschluss einkassiert. Beschwerdeführerin war eine Ärztin, deren Praxis, Privatwohnung und Kraftfahrzeuge durchsucht worden waren. Anlass war die Strafanzeige des Ehemannes einer Patientin wg. angeblicher Falschabrechnung. IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle erklärt: „Bei Hausdurchsuchungen drängt sich schon lange der Eindruck auf, dass in Deutschland systematisch das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung missachtet wird. Das trifft in diesem Falle eine Ärztin, aber nicht selten auch selbstständige Handwerker ohne Meisterbrief.“

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hatte festgestellt, dass die angegriffenen Beschlüsse die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzen. In Anbetracht des relativ geringen Schadens von knapp 75€ und der „Tatsache, dass ein kaum über bloße Vermutungen hinausreichender Tatverdacht bestanden hat, war die Durchsuchung der Arztpraxis unverhältnismäßig. Die Verdachtsgründe bewegten sich im Grenzbereich zu vagen Anhaltspunkten oder bloßen Vermutungen, die eine Durchsuchung unter keinen Umständen rechtfertigen konnten“, rügte das Bundesverfassungsgericht. Die Richter konnten nicht nicht nachvollziehen, warum der schriftlichen Strafanzeige des Ehemanns der Patientin gegenüber den Ultraschallbildern ein derart starker Beweiswert zukomme. In die Verhältnismässigkeitserwägungen hätte auch eingestellt werden müssen, dass mit der Durchsuchung der Praxisräume empfindliche Daten Dritter (anderer Patientinnen) gefährdet waren. Im Ergebnis hat das Gericht die Frage offen gelassen, ob der Durchsuchungsbeschluss nicht auch deswegen als verfassungswidrig anzusehen war, weil nicht nur die Durchsuchung der Praxisräume, sondern auch die Durchsuchung der privaten Wohnung und der Kraftfahrzeuge der Beschwerdeführerin angeordnet worden war.

Das Bundesverfassungsgericht ist der wichtigste Schutz für den Rechtsstaat. Die Behörden sind es in der Praxis leider nicht.