IFHandwerk e.V.

„Der kleine Handwerker vor Ort blickt kaum mehr durch“ / Meldorfer Zimmermann zahlte Bußgeld, weil er Arbeitsplätze schuf

Der Interessenverband Freier Handwerkerinnen und Handwerker (IFHandwerk e.V.) Schleswig-Holstein traf sich gestern zu einem Neujahrstreffen in Meldorf. Selbständige mit und ohne Handwerksrolleneintragung aus verschiedenen handwerklichen Berufen kamen in der Kulturkneipe „Bornholdt“ (Zingelstraße 14) zusammen, um über aktuelle berufliche und politische Themen zu diskutieren.
In seiner Ansprache kritisierte der Geschäftsführer des Verbands Michael Wörle vor allem die ständig weiter wachsende Überregulierung in der Branche: „Selbst die Ordnungsbehörden können nicht mehr sagen, was erlaubt und was verboten ist. Der kleine Handwerker vor Ort blickt da nicht mehr durch“, so Wörle.

Als besonders problematisch erweist sich immer wieder die Frage, was in einzelnen Handwerks-Berufen erlaubt und was verboten ist. So fällt in der Berufspraxis zum Beispiel die Frage schwer, welche Tätigkeiten ausschließlich von geprüften Handwerks-Meistern vorgenommen werden dürfen und welche auch von anderen Gewerbetreibenden. „Noch nicht einmal die Fahnder, die Verstöße gegen die Handwerksordnung ahnden, blicken noch durch“, berichtet Wörle. „Das wird inzwischen auch ganz offiziell bestätigt. Wir brauchen deshalb dringen einfachere und weniger Gesetze“.

Besonders skurril: Ein Meldorfer Zimmermann zahlte ein Bußgeld in Höhe von 8.500 Euro, weil er einen Arbeitsplatz schuf. Er stellte Langzeitarbeitslose an, der ihm von der Agentur für Arbeit vermittelt wurden. Die Anstellung verstieß aber gegen geltendes Handwerksrecht, worauf ihn zuvor aber weder die zuständige Kammer noch die Arbeitsagentur aufmerksam machen konnten.

Bundesverfassungsgesichts-Präsident Papier kritisiert Überregulierung

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier kritisierte am 17.12.2006 in einem beachtenswerten Interview mit dem Deutschlandfunk einen Hang zur Überregulierung. Papier betonte, dass es in Deutschland kein Gesetzesdefizit gebe, sondern allenfalls ein Vollzugsdefizit. Zitat: „Wenn, dann haben wir allenfalls ein Vollzugsdefizit, was aber vielfach darauf beruht, dass wir einen Normenüberhang haben, den keine Bürokratie mehr zu finanziell tragbaren Bedingungen überhaupt verwirklichen und vollziehen kann“. Zu viele Normen führen zu Problemen bei der Umsetzung, kritisierte Papier. Der Gesetzgeber schafft Normen ohne Rücksicht darauf, ob diese Normen überhaupt jemals irgendjemand vollziehen kann.

Der IFHandwerk begrüßt die klaren Worte des Bundesverfassungsgerichts-Präsidenten. Die negativen Folgen des Normenüberhangs werden besonders gut beim Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erkennbar. In einem aktuellen Interview mit dem Hamburger Abendblatt kritisierte am 6.1.2007 der renommierte Schwarzarbeits-Forscher Prof. Schneider aus Linz die volkswirtschaftliche Unkenntnis der Politik bei der Verfolgung von Schwarzarbeit. Die Verfolgung ist jedoch nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch rechtsstaatlich bedenklich. Gerade im Bereich der Verfolgung von Handwerksverstößen ergeben sich bei den für die Verfolgung zuständigen Gebietskörperschaften (den Landkreisen und Städten) erkennbare Vollzugsdefizite. Handwerkliche Ordungswidrigkeiten nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz können mit bis zu 50.000€ geahndet werden. Die Ordnungsbehörden können das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht mehr zu finanziell tragbaren Bedingungen verwirklichen und vollziehen, weil sich das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz auf einen vorsätzlichen Verstoß gegen die in der Handwerksordnung als Oberbegriff genannten Rechtsvorschriften bezieht, sodass eine Auslegung nur noch von Spezialisten vorgenommen werden kann. Leider haben die Verfolgungsbehörden für diese Problematik kein Problembewusstsein. So kann beispielsweise der Bremer Wirtschaftssenator gegenüber dem IFHandwerk e.V. die vom Verband geschilderte „Gefahr der willkürlichen Anwendung durch Ordnungsbehörden“ nicht erkennen. „Alle Behörden sind an Recht und Gesetz gebunden und somit verpflichtet, die richtige Auslegung bei der Rechtsanwendung im Einzelfall – die zum Teil recht schwierig sein kann – zu finden“ (Schreiben vom 18.12.2006 an den IFHandwerk e.V.). Dies gilt insbesondere für die Unterscheidung, was im Handwerk ohne Meisterbrief erlaubt und was verboten ist.

Die Bediensteten der für den Vollzug zuständigen Behörden sind mit dieser Unterscheidung in der Praxis überfordert und verlassen sich gerne auf die Vertreter des Meisterzwangs: die Handwerkskammern. Sie müssen neben umfangreichen fachspezifischen Erfahrungen in den in der Handwerksordnung aufgeführten zulassungspflichtigen Berufen der Anlage A auch die Abgrenzung nach den Ausnahmekriterien vornehmen können. Dabei stellt sich das Problem, dass die Handwerksordnung auf die einzelnen voll umfassenden Handwerksberufe und damit auf bloße Oberbegriffe abgestellt wurde, weil das Handwerk, auch nach Ansicht des Gesetzgebers, einem stetigen Wandel ausgesetzt ist, der sich insbesondere aus dem technischen Fortschritt ergibt. Es ist somit den verfolgenden Behörden unmöglich, die konkreten erlaubsnispflichtigen Tätigkeiten der einzelnen Handwerksberufe aufzuführen, auf die es im Praxifall ankommt.

Nicht nur für die Gebietskörperschaften ergeben sich somit eine Fülle von Zweifelsfällen, welche sie in einer Auseinandersetzung mit dem Betroffenen grundsätzlich über die Verwaltungsgerichte zu klären haben. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der Bürger die Klärung von Zweifelsfällen nicht auf der Anklagebank erleben und somit die Klärung nicht in einem Bußgeldverfahren erfolgen darf. Da das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde nur dann zur Entscheidung annimmt, wenn der Beschwerdeführer den Gerichtsweg ausgeschöpft hat, kann festgestellt werden, dass nicht nur die jeweilige Behörde versagt hat, sondern auch die Gerichte.

Eine polizeiliche Verfolgungsmaßnahme, die aufgrund zweifelhafter Gesetzesauslegung vorgenommen wird, kann erheblichen Schaden beim Verfolgten verursachen, der dann von den Gebietskörperschaften auf Grundlage des jeweiligen Polizei- und Gefahrenabwehrgesetzes des Bundeslandes verschuldensunabhängig ausgeglichen werden müsste. Seitens der Gebietskörperschaften wird ein solcher Anspruch aber damit verneint, dass nicht sie, sondern allein die Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften darüber zu entscheiden haben, welche Handlungen die für den Vollzug zuständige Behörde zu verfolgen habe und daher derartige Ansprüche eines Verfolgten gegenüber der Handwerkskammer oder der Kreishandwerkerschaft gestellt werden müsste. Die Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften verneinen spätestens im Schadensfall einen kausalen Zusammenhang zwischen einer von ihnen vertretenen Rechtsauffassung und einer durch die Behörden eingeleiteten Verfolgungsmaßnahme. Demnach stellt eine durch die Handwerkskammer oder Kreishandwerkerschaft erteilte Auskunft lediglich eine parteiliche Rechtsauffassung einer Interessenvertretung dar, die keinesfalls zu Lasten der Handwerksorganisation in eine Polizeimaßnahme umgesetzt werden kann.

Die für den Vollzug des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes zuständigen Gebietskörperschaften verzetteln sich hier gewaltig, wenn sie meinen, dass für die Beurteilung eines Gesetzesverstoßes die Handwerksorganisationen zuständig seien und sie lediglich für die Verhängung von Bußgeldern zuständig seien, um so Einnahmen zu realisieren. Die Verfolgung von Schwarzarbeit ist keineswegs loslösbar von der Entscheidung, was erlaubt und was verboten ist. Die Gebietskörperschaften verkennen dabei auch, dass nicht die Handwerksorganisationen für die Auskunftserteilung zuständig sind. Zuständig ist die Behörde selbst, wenn der Bürger gerade bei komplizierten Gesetzen eine behördliche Auskunft einzuholen hat, um nicht gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen (Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums gemäß der Rechtsprechung zu § 11 OWiG). In der Praxis delegieren sie jedoch die Beurteilung an die Handwerkskammern.

Auf Anfragen reagieren die meisten Gebietskörperschaften regelrecht sprachlos. Sie können derzeit lediglich darauf verweisen, dass man sich erst einmal einig werden müsse, nachdem die Handwerkskammer klugerweise zunehmend erklären, dass sie für ihre Auskünfte nicht haften wird und die Landesregierung darauf hinweist, dass für die Auskunftserteilung die Gebietskörperschaft zuständig sei und natürlich auch das Haftungsrisiko zu tragen habe.

Das Beispiel zeigt: Der Staat verzettelt mit seinen Gesetzen. Die daraus entstehenden erheblichen Kosten muss letztlich die Allgemeinheit tragen. Werden Gesetze nicht vereinfacht und werden nicht umsetzbare Gesetze nicht abgeschafft, wie das der Bundesverfassungsgerichtspräsident indirekt gefordert hat, so müssen die Gebietskörperschaften deutlich mehr Personal einstellen, damit sie dem Bürger sagen können, was erlaubt ist und was verboten ist. Letztlich gibt es Gesetze nicht kostenlos. Nur: eine noch höhere Steuerquote will keiner.

Bundesverfassungsrecht rügt Behörde: Wohnungsdurchsuchung darf nicht zur Ermittlung von Tatsachen dienen, die einen Verdacht begründen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 3. Juli 2006 (2 BvR 2030/04) das Recht der Behörden zu Wohnungsdurchsuchungen begrenzt und wieder einmal eine Lanze für staatsbürgerliche Grundrechte gebrochen. In dem entschiedenen Fall ging es um den Verdacht der Steuerhinterziehung. Freiheitliche Handwerker ohne Meisterbrief kennen das aus der Praxis: Zuletzt in Nordrheinwestfalen (z.B. Bochum) ermittelten Behörden, in dem Sie Wohnungen und Geschäftsräume der Betroffenen durchsuchten, um Beweismaterial zu beschaffen. Dies ist dann unzulässig, stellten die Verfassungsrichter klar, wenn die Behörde auf andere Art und Weise die Informationen beschaffen könnte. Das gilt selbst dann, wenn andere Ermittlungswege mühsamer sind als eine Wohnungsdurchsuchung. Die Grundrechte der Betroffenen verlangen dieses!

Die Richter haben damit deutliche Worte gefunden, die sich die Ordnungsbehörden ins Stammbuch schreiben lassen müssen. Die Behörde hatte dem Steuerpflichtigen mißtraut und deshalb Wohnung und Geschäftsräume durchsucht sowie Unterlagen beim Steuerberater und der Bank beschlagnahmt. Das war zu viel, fanden die Verfassungsrichter und verwarfen die Urteile der Vorinstanzen.

Zitate aus dem Urteil: „Auf dieser [unzureichenden] Grundlage durfte eine Durchsuchung bei dem Beschwerdeführer nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus. Aus einem … rechtmäßigen Verhalten auf das Begehen einer Straftat zu schließen, hätte weiterer Anhaltspunkte bedurft … Es war Aufgabe der Ermittlungsbehörden, die plausible Angabe über die Herkunft des fraglichen Betrages zunächst ohne empfindliche Grundrechtseingriffe zu überprüfen, um Zwangsmaßnahmen erst dann in Betracht zu ziehen, wenn sich die Angabe als falsch oder nicht überprüfbar erwiesen hätte.“

Die Durchsuchung, so der Tenor des Urteils, ist somit das letzte Mittel. Andere Mittel müssen zuerst genutzt werden – was keineswegs die Praxis ist. Insofern ist der Richterspruch für alle freien Handwerker wichtig, auch wenn es in dem entschiedenen Fall um Steuerhinterziehung ging. Und das gilt auch dann, wenn es für die Behörden mühselig ist. Zitat: „Es mag für die Ermittlungsbehörden mühevoller sein, auf diese Weise durch Auskunftsersuchen und eventuell durch Zeugenvernehmungen die Hinweise auf ein strafbares Verhalten zu überprüfen; der hohe Wert der Integrität der Wohnung verlangt diese Mühewaltung jedoch, bevor ein empfindlicher Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG zulässig sein kann.“

In dem entschiedenen Fall ging es um einen steuerpflichtigen Geschäftsmann, der Geld seiner Schwiegereltern erhalten hatte. Die Steuerprüfer hatten unversteuerte Einnahmen angenommen und eine Durchsuchung angeordnet. So geht’s nicht. Das gilt auch bei handwerksrechtlichen Ermittlungen. Für den Verdacht auf einen Gesetzesverstoß müssen ganz konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Erst der gut begründete Verdacht, dann die Ermittlung. Nicht umgekehrt wie in der Praxis. Erst die Durchsuchung, dann die Begründung des Verdachtes. Das zu prüfen ist Aufgabe des Richters, der die Durchsuchung genehmigt.

Landgericht Bochum genehmigt Wohnungsdurchsuchung bei Handwerkern ohne Meisterbrief

Das Landgericht Bochum hat mit seinem Beschluss vom 14.7.006 (AZ 12 Qs 10-11/06 – W – LG Bochum) die Rechtsbeschwerde gegen eine Wohnungsdurchsuchung verworfen. Der betroffenen Handwerkerin ohne Meisterbrief und ihrem Angestellten wurde ein Verstoß gegen die Handwerksordnung sowie Leistungsmissbrauch vorgeworfen. Ähnlich wie bei dem vom Bundesverfassungsgericht kürzlich entschiedenen Fall wurden die Einwände der Betroffenen von der Behörde ignoriert. Die Betroffenen werfen der Behörde eine Ausforschung von Kundendaten vor. Das Landgericht hat zwar den Durchsuchungsbeschluss gerade noch als rechtsmäßig eingestuft, die Beschlagnahmeanordnung selbst als unwirksam verurteilt. Das Amtsgericht Bochum hat jetzt darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde kopierten Schriftstücke beschlagnahmt werden müssen.

Der IFHandwerk sieht nach einer Prüfung des Vorganges diverse Ungereimtheiten. IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle: „Es drängt sich der Verdacht auf, dass ähnlich wie in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall die Durchsuchung letztlich vor allem der Begründung des Verdachts diente. Das ist unzulässig. Auch überzeugt die Begründung des Landgerichtes nicht, dass die Ordnungsbehörde für diesen Fall überhaupt zuständig sei. Die Verfolgung von Leistungsmissbrauch ist Sache der Zollbehörden.“

Zum Sachverhalt: Der arbeitslose Angestellte der Betriebsinhaberin soll in angeblich nicht gemeldeter Nebentätigkeit Wände lasiert haben. Angemeldet hatte die Inhaberin des Unternehmens zudem das eintragungsfreie Gewerbe des Trockenbaus, das sie später nach Erlass des Durchsuchungsbeschlusses um die Tätigkeit Raumausstatter erweitert hatte. Ob allerdings die Lasur von Wänden ein Vollhandwerk darstellt und ob es einen unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb gegeben haben könnte, hat die Behörde vor nicht geprüft, bevor sie den Durchsuchungsbeschluss beantragt hat. So reduzierte sich am Ende der Vorwurf auf den Leistungsmissbrauch, der inzwischen als widerlegt gilt.

IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle: „In Bochum sind die Grundrechte deutscher Staatsbürger offenbar nicht gut aufgehoben. Wir empfehlen den Behörden und Gerichten die Lektüre der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.“

IFHandwerk-Mitglied Joachim Lutze glaubt, die Behörden wollten nur schnell abkassieren. Darauf weist auch die aus Sicht des IFHandwerk merkwürdige Vorgehensweise der Verfolgungsbehörde hin. Den Betroffenen soll zuerst ein Bußgeld von 14.000€ angedroht worden sein, später dann (allerdings gegen Rechtsmittelverzicht) nur noch ein Bußgeld von weniger als einem Drittel der anfänglichen Bußgeldforderung. Diese Vorgehensweise wird von der Behörde nicht bestritten und ist nach Erkenntnissen des IFHandwerk e.V. keineswegs selten. 90% der Betroffenen, so ein Behördensprecher gegenüber der Lokalzeitung, lassen sich auf diese wenig vertrauen erweckende Rabattierungspraxis ein.

Später wurde der Druck auf die Betroffenen weiter erhöht und eine Befragung aller Kunden angedroht. Logisch, dass die Behörde davon ausgehen konnte, dass die Betroffenen dadurch einen Großteil ihrer Kunden verlieren würden, auch wenn sich im Nachhinein ihre Unschuld herausstellen würde. Merkwürdig war auch, dass unter den beschlagnahmten Unterlagen sich auch die Renovierungsrechnung eines Behördenmitarbeiters befunden haben soll, für den die Betroffenen gearbeitet hatten und der ihnen weitere Aufträge vermittelt hatte. Später waren diese Belege allerdings später nicht mehr auffindbar.

Da die Ordnungsbehörde in solchen Verfahren die gleichen Pflichten und Rechte wie Polizei und Staatsanwaltschaft haben, könnten zukünftig Polizeibehörden ohne Prüfung der Unschuldsvermutung und durch Verwendung unzuverlässig erhobener Daten polizeiliche Verfolgungsmaßnahmen begründen und diese für eine Anschuldigung verwerten, wenn das Bochumer Beispiel Schule macht.

Wie bei der jüngsten Bundesverfassungsgerichtsentscheidung wurde in dem zu Grunde liegenden Fall eine Durchsuchung angeordnet, obwohl der Betroffene entlastende Beweise vorbringen konnte. Die Durchsuchung darf aber nicht zur Begründung des Verdachtes erfolgen, sondern nur bei begründetem Verdacht. Der Betroffene macht hiergegen geltend, dass die Durchsuchung der Ausforschung von Kundendaten gedient habe. Er habe seine Mitarbeit bei der Klärung offener Fragen angeboten.

So war es auch bei dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall. Die Behörde hatte den Einwänden des Betroffenen nicht geglaubt. Das Landgericht hält die Durchsuchungsanordnung zwar NOCH für verhältnismäßig, nicht aber die Beschlagnahme der Unterlagen, so dass das AG Bochum als Ermittlungsrichter nach Zurückverweisung zu prüfen hat, ob die behördlicherseits gezogenen Kopien (drei Aktenordner) zu beschlagnahmen sind. Die richterliche Beschlagnahmeanordnung war nicht wirksam, weil nicht hinreichend präzise. Damit, so das Landgericht, würden die Durchsuchungsbeamten letztlich über die Beschlagnahme entscheiden, nicht der Richter.

Nach Auffassung des Landgerichts reichen für den erforderlichen Anfangsverdacht bereits entfernte Indizien aus, die nach kriminalistischen Erfahrungen eine Ordnungswidrigkeit als möglich erscheinen lassen. Es muss sich aber um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte handeln. Diese sollen hier vorgelegen haben. Angeführt werden hierfür das Ergebnis der Baustellenkontrolle vom 19.1.(der Betroffene hat Wände lasiert), telefonische Anfrage bei der ARGE (der Betroffene steht im Leistungsbezug und hat angeblich keine Nebeneinkünfte angegeben. Und das Schreiben der Arbeitsagentur vom 10.5. lag noch nicht vor). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung, so das Gericht, sei davon auszugehen, dass die Inhaberin als (damals) mit dem Betroffenen zusammenlebende Lebensgefährtin von dem unterstellten Leistungsmissbrauch gewusst haben musste. Diese Lebenserfahrung der Beamten wird als hinreichend konkretes, eine Durchsuchung rechtfertigende Indiz vom Landgericht angesehen. Die Bundesverfassungsrichter würden hier vermutlich strengere Maßstäbe anlegen, weil die Behörde nach der jüngsten Rechtsprechung im Zweifel den mühsameren Weg zur Ermittlung zu gehen hat. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Behörde mit der Durchsuchung den leichteren, aber nicht verfassungskonformen Weg zu gehen gewillt war. Für die Betroffenen entlastende Argumente wurden nicht ausreichend beachtet.

Sollten Sie jemals Opfer einer Hausdurchsuchung werden, so lassen Sie un-bedingt alle beschlagnahmten Unterlagen ver-packen und versiegeln, damit sie erst im Bei-sein Ihres Anwalts ausgewertet werden und damit auch keine Belege verschwinden können. Nach Erfahrungen des Interessenverbands der freien Handwerkerinnen und Handwerker zahlen Handwerker, die sich in der geschilderten Weise unter Druck setzen lassen, viel höhere Bußgelder als die, die sich wehren.

Monopolkommission fordert Abschaffung des Meisterzwangs im Handwerk

Die Monopolkommission hat die Bundesregierung aufgefordert, im Handwerk den Meisterzwang abzuschaffen. In ihrem jüngsten Hauptgutachten stellt die Kommission erneut fest, dass die Verwaltungspraxis bei Unternehmensgründungen – so wörtlich – „seit Jahren konträr zu den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung“ steht.

Die Kommission erinnert an das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5.12.2005, indem die Verfassungshüter deutliche Zweifel am Meisterzwang äußerten, ohne dass dies Auswirkungen auf die Praxis der Behörden und Handwerkskammern hatte. Die Kommission mahnt: „Die Konsequenz daraus wäre die Abschaffung der Meisterpflicht, wie dies von der Monopolkommission seit langem gefordert wird. Ansonsten ist eine Fortsetzung der bisherigen Praxis zu erwarten, nach welcher Ausnahmebewilligungen restriktiv gehandhabt und Handwerker ohne Meisterbrief unter dem Druck rigider ‚Schwarzarbeiterverfolgung’ ihrer etablierten Konkurrenten mit Hilfe von Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften vom Marktzutritt ferngehalten werden.“

Die Kommission begründet erneut, warum sie das meisterliche Berufsmonopol im Handwerk für überflüssig hält. Weder die wirtschaftliche Situation, noch die Ausbildungsleistung oder Gefahrengeneigtheit im Handwerk rechtfertigen den tiefen Eingriff in den Wettbewerb im Handwerk und die Ausgrenzung von Handwerkern ohne Meisterbrief. Die Begründung ist klar, man kann sie nur zitieren:
„Die Verhältnisse im Handwerksgewerbe rechtfertigen keine wirtschaftliche Sonderstellung und damit auch keine rechtlichen Ausnahmen innerhalb der Gewerbeordnung. Die Gefahrengeneigtheit in einzelnen Handwerken sowie die Ausbildungssicherung liefern ebenfalls keine hinreichende Begründung für eine Regulierung des Marktzutritts im Handwerk. Es spricht nach Auffassung der Monopolkommission jedoch nichts dagegen, die Meisterprüfung auf freiwilliger Basis als Qualitätssignal für die Öffentlichkeit und den handwerklichen Wettbewerb zuzulassen.“

Stellungnahme des IFHandwerk: „1991 hat die Deregulierungskommission den Meisterzwang untersucht und empfohlen, ihn abzuschaffen. Seit 2001 fordert dies auch die Monopolkommission, die im Auftrag der Bundesregierung alle zwei Jahre die Wettbewerbsbedingungen in Deutschland unter die Lupe nimmt. Auch die Wirtschaftsweisen haben die Abschaffung empfohlen. Wann endlich zieht die Bundesregierung die Konsequenzen daraus?“

Die Monopolkommission geißelt in ihrem 16. Hauptgutachten neben dem Meisterzwang auch die Einschränkungen bei den freien Berufen, zu denen auch die Juristen gehören. Michael Wörle kommentiert dieses für den IFHandwerk so: „Seit Jahren gibt es auf der unteren Ebene der Gerichtsbarkeit einen stillschweigenden Pakt zwischen Juristen und Handwerkskammern. Ein Berufsmonopol hackt dem anderen kein Auge aus. Hier fehlt der Monopolkommission noch der klare Blick für eine durchgreifende Deregulierung, den sie im Handwerk durchaus hat.“