IFHandwerk e.V.

„Unlauterer Wettbewerb“ als Vorwand gegen unliebsame Konkurrenz

Handwerksverband kommentiert Jahrestagung der Zentrale zur Bekämpfung
unlauteren Wettbewerbs / Unklarheit in Werbefragen

Der Interessenverband freier und kritischer Handwerkerinnen und Handwerker
(IFHandwerk e.V.) weist darauf hin, dass das Gesetz gegen unlauteren
Wettbewerb (UWG) immer wieder missbraucht wird. Anlässlich der Jahrestagung
der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs am 03. Mai unterstreicht
der Handwerksverband vor allem Unklarheiten in berufsständischen
Werbefragen. „Zahlreiche Handwerksunternehmen erhalten aufgrund ihrer
Werbemaßnahmen Abmahnungen, obwohl sie handwerksrechtlich unbeanstandet ohne
Zulassung tätig sein dürfen“, so Michael Wörle, Geschäftsführer des
IFHandwerk e.V.

Unterliegt ein Handwerksberuf dem sogenannten „Meisterzwang“ (zum Beispiel
Tischler) gelten handwerksrechtlich besondere Einschränkungen der
verfassungsrechtlich geschützten Gewerbefreiheit. Jedoch erhalten auch
Handwerker Abmahnungen, die sich an das Handwerks- und Gewerberecht halten.
So beklagt sich der Landwirt und Tischler Hermann Seitzl: „Man darf nicht
einmal seinen Beruf nennen!“ Er wurde von der Schreinerinnung
kostenpflichtig abgemahnt, weil er angeblich unzulässigerweise mit seiner
„Bauernhofschreinerei“ geworben hatte. Seitzl wird damit in seiner
Berufsausübung massiv behindert. „Hier müssen die Zentrale zur Bekämpfung
unlauteren Wettbewerbs und der Gesetzgeber Klarheit schaffen“, fordert
Wörle. „Es kann nicht angehen, dass die Liberalisierung des Handwerksrechts
mit Mitteln des Wettbewerbsrechts zurückgedrängt wird“. Der IFHandwerk e.V.
befürchtet, dass das UWG dazu missbraucht wird, unliebsamer Konkurrenz zu
schaden. „Wenn das Gesetz die Spielregeln festlegt, um einen positiven
Wettbewerb zu sichern, darf es ihn nicht gleichzeitig verhindern“,
unterstreicht der IFHandwerk-Geschäftsführer seinen Appell.

Wolfsburg: Schwarzarbeitsfahnder unter Schwarzarbeitsverdacht

Pikant: Die Verfolger von Handwerkern ohne Meisterbrief als Schwarzarbeiter stehen selbst unter Schwarzarbeitsverdacht! Bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte der Zoll etwa 100 Aktenordner. Die Kreishandwerkerschaft Wolfsburg wird der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung beschuldigt. Denn im Baugewerbe ist die Arbeitnehmerüberlassung gesetzlich verboten. Illegale Arbeitnehmerüberlassung gilt als Schwarzarbeit.

Das sei alles mit den zuständigen Behörden abgesprochen, entschuldigte sich Kreishandwerkerschafts-Geschäftsführer Karl-Heinz Duwe gegenüber der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Der Verleih von Bauarbeitern wurde bis auf Weiteres eingestellt.

Der IFHandwerk e.V. fragt: Kannte sich die Kreishandwerkerschaft, die seit vielen Jahren selbst einen Ermittler zur Bekämpfung von Schwarzarbeit beschäftigt, nicht genügend aus im Schwarzarbeitsrecht? Oder misst sie mit zweierlei Maß und wusste genau, was sie tat?

Wenn die Handwerksorganisationen kleine Handwerker ohne Meisterbrief verfolgen, verweisen sie stets auf eine erhöhte Erkundigungspflicht. Vielleicht aber ist das Schwarzarbeitsgesetz selbst für die Verfolger zu kompliziert.

Der Anfrageservice des IFHandwerk e.V. zeigt: Die Behörden wissen selbst nicht, was erlaubt ist und was verboten ist. Wie sollen es kleine Handwerksbetriebe wissen.

Bringt die EU die Gewerbefreiheit im Handwerk?

Eine neue EU-Richtlinie zur Beseitigung von Hindernissen bei der Dienstleistungserbringung schürt die Hoffnung, dass der Meisterzwang doch noch fällt. Die geplante Dienstleistungsrichtlinie soll das Herkunftslandprinzip durchsetzen.Das bedeutet, dass für ausländische Handwerker und andere Dienstleister auch in Deutschland das Standesrecht ihres Heimatlandes gelten würde und nicht das schärfere deutsche Recht. Dagegen bleibt es bei Verträgen mit Verbrauchern beim derzeitigen Recht. Wenn diese Regelung umgesetzt wird können deutsche Handwerker ganz problemlos Firmen im EU-Ausland gründen und von dort aus ganz legal in Deutschland Dienstleistungen erbringen, ohne dass das deutsche Handwerksrecht sie gängeln wird.

Während die einen Ängste schüren, dass bald Horden ausländischer und unqualifizierter Dienstleister wie Heuschrecken über Deutschland herfallen, schiefe Häuser bauen und falsche Medikamente verabreichen, fordert der Zentralverband des deutschen Handwerks eine Nachbesserung der Richtlinie. Damit soll ihr der mit deutschem Handwerksrecht unvereinbare Zahn gezogen werden. Bundeskanzler Schröder machte die Richtlinie inzwischen zur Chefsache. Noch ist offen, ob die Richtlinie, die deutsche Verwaltungshürden reduzieren wird, Gesetz wird. Befürworter beschwichtigen: „Ein Meisterbrief allein garantiert noch lange keine gute Arbeit. Umgekehrt wird, wer schlecht arbeitet, sich auf Dauer nicht am Markt halten können“. So der Kommentator der Financial Times Deutschland.

Neue Handwerksordnung ist ein Erfolg

Eine erste Bilanz der Betriebsentwicklung zeigt, dass die Zahl der Betriebe erstmals wieder steigt. Noch liegen zwar keine endgültigen Zahlen vor. Doch Zahlen der Handwerksstatistik zeigen, dass das Handwerk bundesweit ein Plus von 1,9% verzeichnen kann – nach jahrelangem Rückgang. Der Wegfall des Meisterzwangs in den neuen B1-Gewerken (53 meisterfreie Handwerksberufe seit 1.1.2004) hat allein in diesem Bereich zu einem Zuwachs von 15,7% geführt. Die neue Handwerksordnung ist also ein Erfolg – auch wenn sie bei weitem noch nicht alle Wünsche des IFHandwerk und seiner Mitglieder erfüllt hat.

Die Zuwächse konzentrieren sich vor allem auf 7 Berufe im Baubereich:
1. Fliesenleger
2. Gebäudereiniger
3. Raumausstatter
4. Parkettleger
5. Estrichleger
6. Schneider
7. Fotografen.

Diese Berufe hatten 2004 den stärksten Zuwachs neuer Betriebe. Und sie stellen 72% aller neugegründeten Handwerksbetriebe. 22% kommen aus dem noch immer zulassungspflichtigen Handwerk (hier können jedoch Gesellen als Betriebsleiter anerkannt werden). Enttäuschend fällt die Bilanz der stark umkämpften Neu-Regelung einfacher Tätigkeiten aus. Der Grund hierfür ist simpel: Es ist gar nicht so einfach zu klären, was als einfach gilt. Die gesetzliche Bestimmung ist verunglückt, so dass Praktiker ohne unabhängigen Expertenrat mit der Anmeldung einfacher Tätigkeiten zu Recht Probleme von den Handwerkskammern befürchten. Die Erfahrungen des IFHandwerk zeigen: Die Sorge ist berechtigt und guter Rat normalerweise teuer.

Standesvertreter kommentieren den Betriebs-Zuwachs nur mit Klagen: 78% aller Neugründunger seien ohne fachspezifische Qualifikation. Sie beschwören nach Auffassung des IFHandwerk eine Dequalifizierungsspirale: Nur Dumme gründen freie Handwerksbetriebe. Kein Wort davon, dass jetzt endlich der Markt entscheiden kann und damit die Kunden. Und nicht mehr die Handwerkskammer.

Wer Existenzgründern ohne Meisterbrief nicht bei der Gründung hilft, fördert letztlich Schwarzarbeit. Denn die Schattenwirtschaft ist letztlich der einzige wachsende Sektor in der Bundesrepublik. Der Münchner Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn hält – zu Recht – die derzeitige Strukturkrise in Deutschland für hausgemacht. IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle fordert: „Mit der Beseitigung unnötiger bürokratischer Gründungshürden fängt der Aufschwung an.“

Handwerkerpflichtversicherung korrigiert

Am 26. November 2004 hat der Bundesrat zugestimmt, dass die zu Beginn des Jahres 2004 neu eingeführte Rentenversicherungspflicht für die im Handwerk selbständig Tätigen rückwirkend korrigiert wird. Versicherungspflichtig sind jetzt im wesentlichen nur noch diejenigen Handwerker, die mit einem Handwerk der Anlage A in der Handwerksrolle eingetragen sind, sofern sie selbst die handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Für Personen, die vor 2004 eingetragen wurden, gilt eine Übergangsregelung.

Durch die Neuregelung waren fast alle Personen versicherungspflichtig geworden, die mit einem zulassungspflichtigen Handwerk (Anlage A HWO) oder einem zulassungsfreien Handwerk (Anlage B1 HWO) eingetragen sind oder eingetragen werden (Einzelheiten: HANDWERKSBERATER 2/2004). Die erweiterte Rentenversicherungspflicht konnte Sie plötzlich auch als Händler und Mitgesellschafter betreffen. Für manch einen wurde das zur bösen Überraschung. Denn immerhin fast 20 Prozent Ihres Gewinnes hätten Sie dann an die staatliche Rentenkassen abführen müssen. Und zwar auch dann, wenn Sie ihre Altersvorsorge längst ausreichend privat organisiert hatten.