IFHandwerk e.V.

Sogar sozialdemokratische Bundesländer torpedieren Clements Handwerksnovelle

Zwei sozialdemokratische Bundesländer planen Bundesratsinitiative zur Erhöhung des Handwerkskammereinflusses. Damit haben sie eine Roll-back-Initiative gegen Bundeswirtschaftsminister Clement gestartet.

„Zu den beiden Bundesländern gehört ausgerechnet Schleswig-Holstein, das jüngst mit einer ähnlichen Initative die konservativen Handwerkskammern Kiel und Lübeck erheblich gestärkt hat und damit den Bock zum Gärtner gemacht hat, kommentierte IFHandwerks-Geschäftsführer Michael Wörle die Aktion. „Das ist ein Versuch, Clements Reformentwurf weiter einzuschränken!“

Mit den Drucksachen (Schleswig-Holstein) 15/2766 und (Mecklenburg-Vorpommern) Drucksache 4/585 fordern die beiden Länder weitere Begrenzungen für die vom Bundestag in die Wege geleiteten Liberalisierung einfacher Handwerker-Tätigkeiten: Der schleswig-holsteinische Landtag fordert mit Zustimmung aller Fraktionen, eine Kumulierung von einfachen Tätigkeiten zu verbieten. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Bestimmungen soll zudem den Handwerkskammern obliegen. Außerdem soll der Einflussbereich der als besonders konservativ geltenden Handwerkskammern erweitert werden, in dem ihnen auch Unternehmen zugeschlagen werden, die bisher zu den Industrie- und Handelskammern zählen.

Schleswig-Holstein hatte kürzlich den Handwerkskammern die Entscheidungskompetenz über Ausnahmebewilligungen zur Eintragung in die Handwerksrolle übertragen, die bundesweit per Gesetz nur den Bezirksregierungen vorbehalten ist. Dadurch entscheiden nun Interessenvertretungen über die Zulassung von Außenseitern.

Die neue Initiative der beiden Bundesländer zeugt erneut von wenig Sachkenntnis. Sie ist geprägt von dem Bemühen, den Fortschritt durch weitere Regulierungen in Rückschritt zu verwandeln. Den Widerstand der unionsgeführten Länder hatte Clement erwartet. Dass der Widerstand ausgerechnet aus sozialdemokratischen Ländern kommt, dürfte Clement überraschen. Der Widerstand dagegen zeugt von wenig Bereitschaft, Notwendigkeiten zu akzeptieren“ (Financial Times Deutschland 14.7.2003).

IFHandwerk begrüßt Clements Vorstoß, meisterpflichtige Berufe in die Anlage B Handwerksordnung auszulagern

Wie das Magazin SPIEGEL berichtet, will Wirtschaftsminister Wolfgang Clement den Zwang zum Meisterbrief in vielen Berufen streichen. Etwa die Hälfte der bislang durch den Meisterzwang bewehrten Handwerksberufe soll durch Verschiebung in die Anlage B HWO „befreit“ werden. Davon verspricht sich der Bundeswirtschaftsminister zahlreiche neue Arbeitsplätze.

Der IFHandwerk begrüßt den Vorstoß. Verbandsgeschäftsführer Michael Wörle meinte: „Nun liegt nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder erstmals ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch!“ Wissenschaftler von der Monopolkommission erwarten mittelfristig 1 Million neue Arbeitsplätze, wenn die Verkrustungen im Handwerk reduziert werden.

Wie der IFHandwerk die Initiative bewertet

Damit ist ein großer Liberalisierungsschritt möglich. Allerdings braucht Clement dazu auch die Zustimmung des Bundesrates, in dem die Union das Sagen hat. Das letzte Wort ist hierzu somit noch nicht gesprochen.

Selbst wenn die Initiative des Bundeswirtschaftsministers Erfolg hat, so bleiben dennoch zahlreiche Abgrenzungsprobleme wie in der Vergangenheit. Auch den verfassungswidrigen Hausdurchsuchungen bei Handwerkern ohne Meisterbrief wird damit kein Einhalt gebeten. Ein weiterer Wehmutstropfen ist, dass die „befreiten“ Handwerker weiterhin Zwangsmitglieder der jeweiligen Handwerkskammer bleiben werden. Verbandsgeschäftsführer Michael Wörle: „Die Handwerkskammern haben sich in der Vergangenheit immer einseitig zu Gunsten Ihrer Anlage A-Mitglieder eingesetzt. Eine gute Betreuung ist von ihnen nicht zu erwarten. Außerdem sind die Handwerkskammerbeiträge höher als die der meisten Industrie- und Handelskammern.“