Nachdem der Zentralverband des Handwerks zusammen mit den Gewerkschaften und der CDU 12 Gewerke vom Fliesenleger bis zum Harmoniumbauer wieder zwangsvermeistert haben, kommt nun der nächste Coup: DGB und ZDH blasen zum Frontalangriff auf Solo-Selbstständige. Sie beschreiben kleine Solo-Selbstständige als Wettbewerbsverzerrung und stellen sogar kürzlich erkämpfte Reformen wie die Absenkung der Mindest-Krankenversicherungsbeiträge schon wieder in Frage – obwohl diese ein klein bißchen mehr Gerechtigkeit bedeuten und eine bessere Gleichstellung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern. Die Reform der Krankenversicherungsbeiträgge war ein gutes „Gesellenstück“ des Bundesministers für Gesundheit Jens Spahn (CSU). Auch wenn das lange noch nicht genug ist. Der Grund: Geringverdienende Arbeitnehmer sind nach wie vor besser gestellt als Selbstständige mit kleinem Einkommen. Sie müssen deutlich geringere Beiträge zahlen.
Das wissen auch der handwerkliche Zentralverband und die normalerweise an Gerechtigkeit interessierten Gewerkschaften. Aber darum gehts ihnen nicht: „Wenn der ZDH von Bürokratieabbau spricht, meint er nie sich selbst“, kommentiert IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle den Vorstoß. „Denn die Forderungen von ZDH und DGB beinhalten im Kern vor allem mehr Kontrolle und bürokratische Schikanen von kleinen Gewerbetreibenden, die von der Bürokratie schon heute überfordert sind.“
Die Schlagworte der Kampagne, mit der ZDH und DGB die Politik zum Handeln auffordert:
- Zunehmende Anzahl von wettbewerbsverzerrend agierenden Soloselbständigen
- Wettbewerbsverzerrung durch unfaire Unterbietungsstrategien mit Lohndumping, weil Soloselbstständige angeblich nicht krankenversichert, unfallversichert, ohne Mehrwertsteuer arbeiten.
- Selbstständige missbrauchen angeblich rechtlich zulässige Formen wie das Reisegewerbe und GbRs, die unbürokratische und beliebte Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Der Forderungskatalog im Positionspapier des handwerklichen Zentralverbands und der Gewerkschaften zielen also auf mehr Kontrolle und damit mehr Einfluss von Handwerkskammern und Gewerkschaften. Das Arsenal umfasst die Forderung nach einer Reduktion des Reisegewerbes und verstärkte Kontrollrechte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, aber auch von Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen. Auch die Ausweitung der Kleingewerberegelung von 17,5T€ auf 22T€, die kleinen Gewerbetreibenden und Freiberuflern unnötige Bürokratie ersparen soll, soll schon wieder auf den Prüfstand.
Im Ergebnis würde das für die Kultur der Selbstständigkeit in Deutschland einen herben Rückschlag. Dem Handwerk geht es so gut wie nie. Verbraucher leiden unter dem Problem, dass sie immer schwerer Handwerker bekommen. Die Forderungen von ZDH und DGB bedeuten, dass noch mehr Betriebe vom Markt verschwinden werden.
„Die Handwerksnovelle 2020 hat gezeigt, dass das verkammerte Handwerk sich mit gezinkten Karten einen Wettbewerbsvorteil erschlichen hat“, kommentiert IFHandwerk-Geschäftsführer das Forderungspapier. Sabine Poschmann hat in der Bundestagsdebatte sogar behauptet, dass der Gesetzgeber die Reform von 2004 überprüft und dafür Gutachten in Auftrag gegeben hatte. „Der Gesetzgeber hat sich jedoch die Gutachten vom ZDH bezahlen lassen und sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil im Gesetzgebungsverfahren erschlichen“, meint Michael Wörle. Eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ enthüllt, wer mit wem gesprochen hat. Dieses zeigt: Drahtzieher waren ZDH und Gewerkschaften, die die Politik vor ihren Karren spannen. Wie auch jetzt. Michael Wörle: „Unsere Erfahrung bei der Handwerksnovelle zeigt, dass mit einer fairen Überprüfung bei der Reform der Mindestbeiträge für Selbständige in der Krankenversicherung nicht gerechnet werden sollte. Überprüfung meint in Wahrheit, die Arbeitsbedingungen von Selbstständigen weiter zu erschweren.“